Waldnaturschutz

O Täler weit, o Höhen,
O schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
Andächt’ger Aufenthalt!
Da draußen, stets betrogen,
Saust die geschäft’ge Welt,
Schlag noch einmal die Bogen
Um mich, du grünes Zelt!

Joseph von Eichendorff (Auszug aus dem „Abschied“ – 1810)



Zunehmende Bedeutung von Naturschutz im Wald

Hessen ist gemeinsam mit Rheinland-Pfalz das waldreichste Bundesland mit einem Flächenanteil von über 42%. Größter Waldbesitzer mit 38% der Waldfläche ist hierbei das Land Hessen gefolgt von den Kommunen mit 36%. 26% des hessischen Waldes befinden sich in Privatbesitz. Im Main-Kinzig-Kreis werden der Staatswald und der größte Teil des Kommunalwaldes von den drei Frostämtern in Hanau-Wolfgang, Joßgrund und Schlüchtern beförstert. Angesichts des Klimawandels und des anhaltenden Verlustes an Biodiversität kommt der Naturschutzfunktion des Waldes – neben der Boden-, Wasser-, und Klimaschutzfunktion sowie der Erholungsfunktion – zunehmend größere Bedeutung zu.

Dies besonders auch vor dem Hintergrund der gesetzlichen Verpflichtungen aus der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und der europäischen Vogelschutzrichtlinie sowie der freiwilligen Verpflichtung des Landes Hessen zur Erhaltung der Biodiversität durch den Beitritt zum sogenannten „Countdown 2010“. Das Jahr 2011 wurde von den Vereinten Nationen zum „Internationalen Jahr der Wälder“ ausgerufen, um das Bewusstsein und Wissen um die Erhaltung und nachhaltige Entwicklung aller Arten von Wäldern zum Nutzen heutiger und künftiger Generationen zu fördern. Die HGON nahm dies zum Anlass, ihre Waldnaturschutzaktivitäten nochmals deutlich zu verstärken und auszuweiten.

Alt- und Totholz – Eckpfeiler des Waldnaturschutzes

Die zentrale Rolle im Waldnaturschutz spielt hierbei die dauerhafte Sicherung eines ausreichend großen Anteils an Altholz und Totholz, wobei stark dimensioniertem Altholz und Totholz nochmals eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Denn viele Tier- und Pflanzenarten sind auf Dimensionen und spezifische Strukturen angewiesen, die unsere Waldbäume erst im hohem Alter (von etwa 130-150 Jahren aufwärts) oder sogar erst in ihrer Zerfallsphase bzw. im Totholzstadium erreichen. Auf der Ausweisung von Waldflächen, in denen die forstliche Nutzung ganz eingestellt wird, liegt der Schwerpunkt der HGON-Arbeit. Denn nur in solchen sogenannten Prozessschutzflächen, die nicht mehr forstlich genutzt werden, können Bäume ihr natürliches Alter erreichen, das ganz wesentlich über dem forstlichen Endnutzungsalter liegt. Nur hier können die Bäume alle Altersphasen bis hin zur Zerfallsphase durchlaufen. Nur hier entwickeln sich eine große Anzahl unterschiedlicher alters- und zerfallstypischer Habitate für eine Vielzahl an Alt- und Totholz gebundener Tier-, Pflanzen- und Pilzarten.

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Neben Prozessschutzflächen sind Habitatbäume bzw. Habitatbaumgruppen außerhalb der Prozessschutzbereiche zentral für den Naturschutz im Wald. Als Habitatbäume werden Bäume bezeichnet, die als Habitat („Lebensstätte“) für bestimmte gefährdete oder geschützte Tier- oder Pflanzenarten dienen. Das sind z.B. Horstbäume, Höhlenbäume und Bäume mit Fledermausquartieren, zu deren Schutz Waldbesitzer seit einigen Jahren gesetzliche verpflichtet sind.

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Trotz dieser gesetzlich geschützten „obligatorischen Habitatbäume“ gibt es in fast allen forstlich bewirtschafteten Wäldern einen erheblichen Mangel an Altholz und Totholz (vor allem stärkerer Dimension). Deshalb wird in den letzten Jahren zunehmend dazu übergegangen, eine gewisse Anzahl von Altbäumen pro Hektar als zusätzliche fakultative (oder potentielle) Habitatbäume durch Nutzungsverzicht dauerhaft zu erhalten. Dadurch wird für die zahlreichen an Altholz gebundenen Tier- und Pflanzenarten ein ausreichender Mindestumfang dieser lebensnotwendigen Strukturen gewährleistet („Garantie eines ökologischen Grundgerüstes im Wirtschaftswald“). Habitatbaumgruppen erfüllen vom Grundsatz her eine ähnliche Funktion wie Prozessschutzflächen, wenn auch mit größenbedingt geringerem Wirkungsgrad. Sie sind aber vor allem von Bedeutung zur Vernetzung bereits bestehender Waldschutzflächen wie Naturwaldreservaten, Altholzinseln und Waldprozessschutzflächen. Der Aufgabe die Förster bei der Ausweisung dieser Habitatbäume zu unterstützen und diese Lebensstätten dauerhaft zu erhalten, geht die HGON gezielt nach.